„Du siehst, mon ami, dein Fehler bestand darin,
dass du von vornherein von einer falschen Annahme ausgegangen bist.“
Hercule
Poirot, der seinen Freund gelassen über
den Tisch hinweg anstrahlte, machte eine erklärende Handbewegung. „Wenn
sich ein Mann über irgendetwas Sorgen macht, tut er in diesem Augenblick
bestimmt nicht gerade das, was er vorher noch nie getan hat. Er wählt
dann eher automatisch den Weg des geringsten Widerstandes. Es ist denkbar,
dass er vielleicht zum Essen im Pyjama herunterkommt, aber es wird sein
eigener Pyjama sein, nicht der eines anderen. Jemand, der keine dicke Suppe,
Nierenpastete und auch keine Brombeeren mag, bestellt sich nicht alle diese
drei Dinge auf einmal an einem Abend, an dem er den Kopf voller Gedanken
hat. Du glaubst, er handelt so, weil er an etwas anderes denkt, ich glaube
aber, dass jemand, der sich intensiv mit etwas anderem beschäftigt,
sich automatisch das Essen bestellt, das er schon zuvor häufig gegessen
hat.
Eh bien, was hätte es denn für eine andere Erklärung geben
können? Mir fiel einfach keine vernünftige ein. Ich war beunruhigt.
Es stimmte alles nicht an diesen Vorfall. Nichts reimte sich. Ich denke
methodisch, und mir gefällt es nicht, wenn die Dinge nicht zueinander
passen. Mr.
Gascoignes Bestellung machte mir Sorgen.
Dann erzählst du mir, dass der Mann verschwunden sei. Er war zum ersten
Mal seit Jahren weder am Dienstag noch am Donnerstag erschienen. Das gefiel
mir noch weniger. Ich hatte plötzlich eine ganz eigentümliche
Vermutung. Der Mann war gestorben, wenn meine Ahnung mich nicht täuschte.
Ich forschte nach. Der Mann war tot. Es war ein hübscher, sauberer
Tod, da gab es gar keine Zweifel. Mit anderen Worten: Der schlechte Fisch
war unter einer Sauce versteckt worden.
Man hatte ihn um sieben Uhr in der King´s Road gesehen. Er hatte hier
um sieben Uhr dreißig gegessen – zwei Stunden bevor er starb.
Das Beweismaterial wies keine Lücke auf – es stimmte alles, sowohl
der Mageninhalt als auch der Brief. Es war aber zu viel Sauce. Man konnte
nicht mal den Fisch sehen!
Der liebe Neffe
schrieb einen Brief, der liebe Neffe hatte ein wunderschönes Alibi,
als Gascoigne starb. Ein ganz normaler Tod – ein Sturz. Ein normaler
Unglücksfall? Ein normaler Mord? Jeder glaubte an das Erstere.
Der liebe Neffe überlebte als Einziger. Der liebe Neffe will erben
– aber gibt es überhaupt etwas zu erben? Der Onkel ist bekanntlich
arm. Aber es gibt einen Bruder, der vor langer Zeit eine reiche Frau geheiratet
hat. Und der Bruder lebt in einem großen vornehmen Haus auf dem Kingston
Hill. Anscheinend hat ihm also seine reiche Frau das ganze Geld vermacht.
Du siehst die Logik – die reiche Gattin vererbt ihr Geld an Anthony,
Anthony vererbt es an Henry,
und Henrys Geld geht an George – es ist eine perfekte Kette.“
„Das ist alles in der Theorie ja ganz
schön“, sagte Bonnington,
„aber was hast du eigentlich getan?“
Der Brief | 2.
Verhör | Der
Versuch